Die letzte Wildnis Europas

sagte jemand in Saltoluokta zu mir, als ich nach meiner allerersten Wandertour in der legendären Sauna dieser Fjällstation mit Blick auf den Sonnenuntergang saß. Ob das so wirklich stimmt, mag dahingestellt sein, allein im Norden Skandinaviens gibt es ja unzählige „wilde“ Gebiete, aber es zeigt den Respekt vor einem Gebiet ohne wirkliche Wege, mit nur wenigen Hilfsmitteln wie Brücken und vor allem: ohne Hütten oder Handynetz. Manchmal trifft man einfach tagelang keine andere Person und das zwischen den höchsten Bergen Schwedens. Es ist, nimmt man das unberechenbare Wetter hinzu, definitiv eine sehr intensive Erfahrung, durch den Sarek zu wandern.

Für mich ist hier mein Herz hängen geblieben: die Chance, einfach irgendwo sein Zelt aufschlagen zu können, die Illusion, tatsächlich völlig aus der Zivilisation heraus zu kommen, habe ich noch nirgends sonst so erlebt und genossen. Insbesondere im Vergleich mit den unbestreitbar auch spektakulären Wanderungen in den Alpen oder auf Korsika, wo doch hinter jedem Gipfel eine Straße oder eine Hütte wartet, ist man hier weit weg von allem, was stören könnte.

Nicht einfach, aber auch nicht unwanderbar

Der Sarek war 2004 meine erste Wandertour überhaupt, an der Seite eines sehr erfahrenen Lapplandwanderers und: ich habe überlebt. Und zwar sehr gut und ohne Probleme. Manchmal wird in Nordschweden sehr viel Aufsehen um die Wildnis im Sarek gemacht, was auch richtig ist, ohne Erfahrung sollte man da nicht rein, aber wenn man die Routen gut wählt, warten auch keine wirklichen technischen Schwierigkeiten auf einen. Höchstens die eine oder andere Flußquerung, die sich aber alle bewerkstelligen lassen, wenn man die grundlegenden Regeln beachtet.

Ich glaube, was viele abschreckt, ist das Wetter: bei meiner ersten Tour hatte ich nur einen Tag Regen und sonst T-Shirt-Wetter, 10 Tage lang, wunderbar. Dann war ich auch mal bei Minusgraden im Sommer unterwegs. Und natürlich bei Regen: die „Waschküche“ Sarek halt.
Zudem mag das Nicht-Vorhandensein von Hütten und somit einem „Plan B“ viele erschrecken und ja, man muss halt mit allen Gegebenheiten klar kommen. Wenn man aber fit ist und keine Probleme mit einem nassen Zelt oder Mücken hat, dann kann man eine unvergleichliche Tour erleben, die Landschaft ist über jeden Zweifel erhaben.

Die Zeit

Für den Sarek sollte man sich Zeit nehmen. Allein die Anreise zu einem der Einstiegsorte liegt bei gut einem Tag, der Wandereinstieg dann auch nochmal bei einem Tag. Ich war einmal für 5 Nächte dort, das kam mir sehr viel zu kurz vor, alles unter 7 Nächten kann ich nicht empfehlen, zumal man auch definitiv einen Gipfel erklimmen sollte. Wer die Tortur der An- und Abreise auf sich nimmt und wem es nichts ausmacht, eventuell mit allen Wassern gewaschen zu werden, der erlebt auf jeden Fall ein Stück Wildnis, wenn es vielleicht auch nicht das letzte sein mag.